Hier eine Kostprobe aus dem absoluten Lieblingskapitel meiner Freundin Laura, die mir verraten hat, daß sie das als erstes lesen mußte, nachdem sie mein Buch "Berliner Tango" gekauft hatte,
wieder hat sie Tränen gelacht ... und so beginnt's:
Der Polizist und die Tanzkarte
Der Tango in Berlin lebt auf jeden Fall von all den Erwartungen. Berlin ist die Hochburg der Singles und gleichzeitig Stadt der Lässigkeit, der Unabhängigkeit und der Unverbindlichkeit. Da
paßt Tango mit der 13 Minuten-Partnerschaft, nämlich genau drei Tänze lang, doch fantastisch hin. Ich wette, daß Berlin locker Platz eins belegen würde, wenn es ein Ranking von europäischen
Großstädten in Sachen Coolheit gäbe. Hier ist alles möglich. Nichts muß, jeder kann wie er will, wenn er das passende Gegenüber findet. Und es wird probiert und gemacht und wieder und wieder
festgestellt, daß da nix paßt oder vielleicht doch was paßt, aber vielleicht findet sich doch noch was Besseres oder ganz bestimmt findet sich noch was Besseres. Ich guck lieber nochmal
weiter, nächsten Sonntag. Und die Zeit vergeht und die Zahl der Singles wächst. Das Probieren beim Tanzen, für 13 Minuten, gefällt mir gut und hilft mir dabei, mir selbst auf die Schliche zu
kommen. Auf jeden Fall bin ich nicht die Einzige, die auf der Suche nach DEM Mann ist oder war. Andere machen das genauso, wieder andere tanzen nur, die dritten haben Liebeskummer, weitere
sind komplett beziehungsgestört. Macht alles nichts, wenn man sich zu einem kurzen oder auch längeren Tanz zusammenfindet, dann ist die Nähe da, für einige Minuten.
Und tatsächlich, auch mir bringt das eine gewisse Zufriedenheit. Wenn schon kein Partner an meiner Seite ist, dann genieß ich eben meine Tanzpartner. Und so langsam begann ich immer mehr von
all dem umzusetzen, was ich schon gelernt hatte. Meine Unsicherheit verschwand ganz und gar und auf einmal konnte ich auch diese Drehung. Ging ganz easy. Bei guter Führung entstand ein Kreis
oder mehr als das, auch bei mir. Es tanzten wieder andere Männer mit mir und es machte immer mehr Spaß. Aber halt! Stopp! Da war doch eben einer dabei, mit dem tanzte es sich ganz besonders
gut. Uiii war das herrlich. Ihm schien es genauso zu gehen. Er hörte nicht auf, mit mir zu tanzen, gab mir einen Drink aus und später seine Telefonnummer. Ich war vollkommen hin und weg. Wie
himmlisch sich das anfühlte, mit ihm zu tanzen. Wir unterhielten uns ein wenig und ich fühlte mich großartig. Rückblickend war es eher ein erweiterter Small talk, Unterhaltung konnte man das
gar nicht nennen. "Ich bin Polizist!" geheimnisvolles Schweigen. "Und meine Beziehungen waren bisher nur kurz." Pause und da war ich schon wieder in der halbrosa Wolke eingewedelt. Ich fragte
wohl noch, wie kurz denn und als er antwortete, „Ach n paar Monate und das längste mal ein Jahr“, da hatte bei mir der Verstand schon wieder ausgesetzt. Der allerjüngste war dieser Typ
wahrlich nicht und diese Fakten allein sprachen doch völlig ihre eigene Sprache: Ein Affärenjäger stand da vor mir! ...Und ich war schon wieder auf dem Trip: Den bekomm ICH schon hin, so
himmlisch, wie wir tanzten.
Also ja! Wir hatten dann die Affäre, war ja kein drumherum kommen mehr, so rosa umwölkt, wie ich war. Diese begann zeitgleich, als meine beste Freundin Ihren passenden Partner getroffen
hatte. In der ersten Woche schrieb sie mir: „Wie herrlich, wir haben zusammen unseren Mann getroffen!“ Aber schon am vierten Tag war mir klar, daß sich das, was sie da so erzählte, irgendwie
so ganz anders anfühlte, als das, was ich da gerade erlebte. Wenn sie also ihren Traummann getroffen hat, mit dem sie spätestens alle drei Stunden mal kurz telefonierte und jeden Abend auch
sehr lange, dann ist das bei mir eher nicht passiert. Meiner schrieb mir alle sieben Tage ne sms, ob ich nicht Lust hätte, zu ihm zu kommen, dann kochten wir und genossen den Abend. Das Ganze
mit eher wenig Sprache und das, was gesprochen wurde, hatte wenig mit mir zu tun. Es war eher ne Aufzählung seiner to do Liste: Mit wem er sich noch treffen mußte, mit welchen Frauen er noch
tanzen wollte, wann er das nächste Mal zum Tango ginge, natürlich ohne mich und das mir schon klar sein sollte, daß er auch weiterhin mit anderen Frauen tanzen wollte. Ob ich die Sache mit
der Tanzkarte kenne? „Tanzkarte? Nee. Iss'n das?“
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